Karo erklärt die Welt (und scheitert): 2008-02-25 Fester Hintergrund - Hintergrundbild fixiert
Montag, 25. Februar 2008
Ein weiterer Fall für Praxis Dr. Gulp


Heute kommt der Hilferuf, der den Gulp unter seiner Mailadresse erreichte, aus der eigenen Familie. Schwere Aufarbeitungsprobleme aus der Frühzeit des Gulps kommen wieder hoch - aber er ist froh, dass er sich noch einmal damit beschäftigen muss, denn was man einmal gedanklich erreicht hat, verschwindet leider nur allzu oft wieder in den niederen Regionen des Hirns und wird dann zur Alltagsbewältigung nicht mehr herangezogen, obwohl das sehr sinnvoll wäre.

Der Gölp schreibt:

Lieber Gulp,
der Gölp hat den Gulp als Bub oft geschlagen und kleine Katzenbabies ertränkt. Er hat öfters Panikattacken und Angst, dass er so ist wie die Eltern. Was soll er nur tun?
Liebe Grüße,
der Gölp


Der Gulp ist nicht nur gerührt über die späte Reue des Gölps, er kann an dieser Stelle vielleicht sogar tatsächlich helfen. Er möchte dem Gölp und allen anderen sagen, dass sie gar nichts tun müssen, sich gar nicht ändern. Das wäre als ob man sagt: "Ich bin schlecht, ich bin nur gut, wenn ich ein anderer bin." So ein Quark mit Soße.

Es gibt auf dieser Welt keinen Weg, normal zu sein. Eltern können es nur falsch machen und Kinder finden ihre eigenen Wege, damit umzugehen. Wenn man dann unter einem Verhaltensmuster leidet, dann darf man das nicht bekämpfen, denn es ist eine sinnvolle Reaktion auf die Trostlosigkeit oder Gewalt oder übertriebene Liebe oder Kontrolle, die man zuhause erfährt. Man soll dieses Verhaltensmuster anerkennen als einen Hilferuf und es nicht bekämpfen. Egal, ob man sich selbst weh tut oder anderen. Das hat Sinn. Bevor es sich ändern kann, muss man diesen Sinn erst einmal erkennen.
Aktiv kann man schließlich an der Psyche gar nichts ändern, man kann nur versuchen zu verstehen und wenn man das tut und dann noch akzeptiert, dass man nicht schlecht handelt sondern situationsadäquat, dann ändert es sich eventuell sogar von alleine ganz langsam Schritt für Schritt mit viel Geduld. (Der Gulp möchte an dieser Stelle einschieben, dass er früher ganz dick war und geklaut hat. Seit er verstanden hat, dass Dicksein gleichzeitig ein Schutzmechanismus und ein Aufschrei nach Aufmerksamkeit ist, hat er drastisch abgenommen ohne Diät. Er lässt seine Ängste jetzt zu und trotzdem hübsche Frauen an seine hängende Bauchhaut. Klauen tut er allerdings immer noch.)

Außerdem ist sinnvoll, Menschen zu suchen, die einen verstehen und die damit umgehen können. Es macht keinen Sinn, sich für jemanden zu ändern und sich selbst und seine Schwächen und Stärken zu verleugnen.

Außerdem soll man keine Angst haben, zu werden wie seine Eltern, denn das ist unvermeidbar. von wem lernt man denn seine ersten und wichtigsten Jahre? Das heißt aber nicht, dass man die gleichen Fehler machen muss. Da darf man nicht fatalistisch denken. Man sieht ihre Fehler und dank der Gabe der Reflexion kann man Dinge anders machen - will man ja auch, deswegen schlägt man schließlich den Gulp oder ertränkt unschuldige Dritte, weil man nicht weiß, wohin mit sich. Aber man kann das eben nicht ändern, wenn man sich hierbei unter Druck setzt und sich verurteilt. Niemand trägt Schuld. Lasst alle Schuld fahren, rät der Gulp, verzeiht dem Gölp und macht sich an sein Tagewerk.

Das folgende Lied, Power Out von Arcade Fire, passt da ganz gut. Sie geben ebenfalls einen Rat:

If the power's out in the heart of man,
take it from your heart and put it in your hand.


Kann der Gulp nur unterschreiben und wünscht viel Spaß beim anschauen und vor allem hören.


Arcade Fire - Power Out

... link (0 Kommentare)   ... comment